Von blöder Mama über knallende Türen und fliegenden Spielsachen…

 

Kennst du diese Situation:

Dein Kind steht vor dir und sagt: «Blöde Mamaaaa!!!»

 

Als mich meine 4-jährige Tochter zum ersten Mal «beschimpfte» wollte ich gerne laut los lachen und Party feiern. Sie hatte also festgestellt, dass es Wörter gibt, die sie sagen kann, wenn sie sich ärgert. An ihrem Gesichtsausdruck konnte ich sehen, dass sie gespannt auf meine Reaktion wartete. Tatsächlich fühle ich mich bei solchen Kommentaren nicht persönlich angegriffen. Das erleichtert mir meine Reaktion darauf enorm.

 

Ich werde später noch darauf zurück kommen, was du unternehmen kannst, wenn du das Verhalten deines Kindes so schlimm findest, dass du kaum «neutral» reagieren kannst.

 

Meine Tochter: «Blöde Mama!»

 

Ich: «Ich glaube du ärgerst dich über mich? Ich möchte wissen, was dich stört?»

 

Sie: «Das ich kein Eis bekomme!»

 

Ich: «Ja, das verstehe ich! Dann kannst du sagen «ich ärgere mich, dass ich kein Eis bekomme!»

 

Sie: «Ich finde es blöd, dass ich kein Eis bekomme! Ich will ein Eis!»

 

Ich: «Ja, das verstehe ich und ich will dir kein Eis mehr geben!»

 

Sie: «Blöde Mama!»

 

Ich: «Du kannst sagen, dass du dich ärgerst, weil du kein Eis mehr bekommst. Es stört mich, wenn du zu mir blöde Mama sagst.»

 

Sie: «Es ärgert mich, dass ich kein Eis bekomme. Wieso bekomme ich kein Eis?»

 

Ich: «Ich habe dir heute schon 2 Eis gegeben. Ich denke, es ist genug für heute, weil ich Angst habe, dass du noch mehr Löcher in deinen Zähnen bekommst.»

 

Sie: «Warum?»

 

Ich: «In Eis ist Zucker, der sorgt dafür, dass die Zähne kaputt gehen.»

 

Sie: «Dann putze ich halt meine Zähne!»

 

Ich: «Das ist eine gute Idee!»

 

Sie: «Bekomme ich jetzt ein Eis?»

 

Ich: «Nein, ich will dir lieber eine Frucht geben. Die ist auch süss.»

 

Sie: «Ich möchte Wassermelone.»

 

Du denkst jetzt vielleicht: «Ist es wirklich nötig solche Gespräche zu führen? Kann ich nicht einfach NEIN sagen?!»

 

Selbstverständlich kannst du auch einfach nein sagen. Wir brauchen nicht immer eine Erklärung für ein nein. Ich persönlich schätze diese Dialoge mit meinen Kindern, weil ich dadurch wirklichen Kontakt zu ihnen herstellen kann. Dies fördert unsere Beziehung sehr. Ich verstehe ihre Wünsche, Interessen und Bedürfnisse. Durch unsere Gespräche können sie auch mich verstehen und sind auch kooperativer, wenn ich «nein ohne Grund» sage.

 

Solche Situationen sehen dann meistens so aus:

 

Meine Tochter: «Darf ich Fernsehen?»

 

Ich: «Nein.»

 

Sie: «Warum?»

 

Ich: «Weil ich es nicht will.»

 

Sie: «Ich will fernsehen.»

 

Ich: «Habe dich gehört, du willst fernsehen und ich sage nein.»

 

Sie: «Ich will trotzdem fernsehen.»

 

Ich: «Nein.»

 

Sie: «Dann halt nicht.»

 

(Kind verlässt wütend stampfend das Wohnzimmer und knallt ihre Zimmertür hinter sich zu.) J

 

Ich erwarte keine freudige «Jeah, Mama hat NEIN gesagt-Reaktion». Ich mache einfach mit dem weiter, was ich halt gerade mache, bis meine Tochter bereit ist, wieder mit mir zu sprechen. Das dauert oft nicht lange.

 

Was du tun kannst, wenn du das Verhalten deines Kindes so schlimm findest, dass du kaum «neutral» reagieren kannst.

 

Bei mir persönlich sind das Situationen, bei denen meine jüngere Tochter mit vollem Einsatz versucht meine ganze Aufmerksamkeit zu erhalten, während ich mit meiner grossen Tochter spiele.

 

Ein Beispiel:

Meine grosse Tochter und ich spielen ein Gesellschaftsspiel, für das die Kleine noch zu jung ist. Natürlich gibt es immer irgend etwas, dass meine jüngere Tochter auch mitmachen könnte. In solchen Momenten möchte ich die Zeit zu 100% mit meiner Grossen verbringen und dazu zählt für mich auch, dass sie meine volle Aufmerksamkeit bekommt. Vor allem sind es Situationen, in denen die Grosse auch klar kommuniziert, dass sie die Kleine gerade nicht dabei haben möchte.

 

Unsere Kleine: «Darf ich mitspielen?»

 

Ich: «Nein, ich möchte mit Lorena alleine spielen.»

 

Sie: «Immer spielst du mit Lorena und nie mit mir!»

 

Ich: «Du denkst, dass ich mehr mit Lorena, als mit dir spiele?»

 

Sie: «Ja! Das ist unfair!» (Dabei wirft sie ein Spiel quer durch das Zimmer)

 

Lorena: «Stimmt gar nicht. Mama macht viel mehr mit dir, weil du immer alles mit Mama machen möchtest.»

 

Bäääm – Einmal Rundumschlag meiner Kinder.

 

Ja, diese Gefühle, die gerade in meinen Kindern hoch kommen kenne ich auch. Deshalb ist es so schwierig für mich dies «neutral» zu betrachten. Ich fühle mich zurück versetzt in die Konflikte mit meiner Schwester. Ich merke, wie ich wütend werde und mich nerve.

 

Ich will eingreifen und Sachen sagen wie: «Stimmt gar nicht, ich nehme mir für euch beide gleich viel Zeit.» (Was natürlich gar nicht möglich ist.) oder sowas wie

 

«Boa, ich wollte nur ganz in Ruhe mit Lorena spielen! Kannst du uns nicht einmal in Ruhe lassen?!»

 

Was kannst du also machen, wenn du in solch eine Lage gerätst. Du steckst gefühlsmässig so drin, dass du Sachen sagst oder tust, die du danach bereust?

 

1.     Atme 10 Mal ein und aus. Spüre dabei, wo deine Wut / Trauer / Hilflosigkeit etc. in deinem Körper sitzen.

 

2.     Mach dir bewusst, dass dein/e Kind/er der Auslöser für deine Gefühle sind. Sie haben keine Schuld daran, wie du dich fühlst.

 

3.     Mache dir bewusst, dass du Gefühle hast und du dafür verantwortlich bist, wie du damit umgehst.

 

4.     Spüre, wie deine Wut / Trauer / Hilflosigkeit etc. weniger werden.

 

5.     Sei gelassen und warte ab. Nimm den Moment wahr und akzeptiere, dass es gerade ist, wie es ist.

 

6.     Wenn dies noch nicht hilft, überlege dir ein STOP-Wort. Dieses Stop-Wort ist nur für dich und in deinen Gedanken. Meines ist Löwenzahn.

 

Das Wort soll dich daran erinnern, dass du nicht mehr überreagieren willst.

 

Ein klares Stop-Mund halten und aushalten oder netter formuliert… abwarten… J

 

7.     Betrachte die Situation «von Aussen» und überlege, welchen Tipp dir eine Freundin geben würde, die nichts damit zutun hat. Welchen freundlichen Rat würde sie dir geben?

 

Situationen, in denen unangenehme Gefühle in uns hoch kommen, sind Einladungen. Sie laden uns dazu ein genau hin zu schauen. Woher kommen meine Gefühle tatsächlich? Was ist mir als Kind passiert, dass ich mich heute noch so fühle? Wo darf ich bei mir selbst noch genauer hinsehen? Woher kommt es, dass ich das Verhalten meines Kindes nicht aushalte? Weshalb trifft es mich so persönlich? Welche Muster will ich auflösen?

 

Ich erzähle gerne von meinem «kleinen inneren Kind» dass ich in diesen Momenten an die Hand nehme und sage: «Schau, heute bin ich gross. Wir schaffen das gemeinsam.» Es ist in meiner Verantwortung als Erwachsener meinen Kindern zu zeigen, dass ich es anders machen möchte. Dies klappt mal besser und mal weniger gut.

 

Ich persönlich gehe gerne selbst du Coachings, Seminaren und Workshops. Dabei lerne ich immer viel über mich selbst, meine Gefühle und versteckten Muster.

 

Fehler sind zum lernen da. In den Momenten, in denen ich gelassen bleiben kann freue ich mich natürlich sehr. In den Situationen, in denen ich in eines meiner Muster falle bin ich ehrlich und sage zu meinen Kindern: «Da war es schon wieder. Tut mir leid, ihr habt keine Schuld! Spulen wir nochmal zurück?» :-)

 

Ihre Antwort:

 

«Ich weiss Mama, es ist nicht meine Schuld. Klar spulen wir nochmal zurück!»